Bau-News
Starker Abwärtstrend bei den Immobilienpreisen 2023
Expert*innen des HWWI analysieren die Kaufpreise für Eigentumswohnungen - Fast alle Regionen inflationsbereinigt günstiger als im Vorjahr - Preise sinken in den „Big 7“ am stärksten, gefolgt von sonstigen Großstädten
Die Abwärtsentwicklung der Immobilienpreise hat sich 2023 rasant beschleunigt und auf immer mehr Regionen ausgeweitet: Im vergangenen Jahr sind die Preise für Wohneigentum in Deutschland in der Mehrheit der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte deutlich gefallen – vor allem real, also unter Berücksichtigung der Inflationsrate von 5,9 Prozent. In rund 96 Prozent aller Regionen waren Eigentumswohnungen im Bestand real günstiger als im Vorjahr. Dabei waren die sieben größten Metropolen („Big 7“) stärker betroffen als andere Großstädte, Mittelstädte und Landkreise. Nur in 16 Regionen stiegen die Preise real – abseits derjenigen mit zu geringem Immobilienangebot 2023. Im Durchschnitt über alle Gebiete hinweg gingen die Preise gegenüber 2022 inflationsbereinigt um 10,1 Prozent zurück. 2022 hatte das reale Minus gegenüber dem Vorjahr noch 0,7 Prozent betragen. In nominaler Rechnung, also nicht inflationsbereinigt, sanken die Preise für Eigentumswohnungen im Durchschnitt über alle Kreise und kreisfreien Städte um -4,2 Prozent gegenüber 2022. Dies sind einige Ergebnisse der Studie „Postbank Wohnatlas 2024“.
Fast ein Jahrzehnt kannte der Immobilienmarkt nur den steilen Weg nach oben. Die Trendwende kam 2022 und verfestigte sich im vergangenen Jahr, das geprägt war von einer Rezession, deutlich gestiegenen Hypothekenzinsen, globalen Unsicherheiten und einer leicht nachlassenden Nachfrage nach Wohneigentum.
„In vielen Regionen Deutschlands sind die Preise für Eigentumswohnungen gesunken, da die Nachfrage leicht nachgelassen hat – eine Folge von steigenden Zinsen, unsicheren Rahmenbedingungen bezüglich Förderungen fallenden Reallöhnen und höheren Kosten für Lebenshaltung, Bau und Renovierungen“, sagt Manuel Beermann, Leiter Produktmanagement Immobilien der Privatkundenbank in Deutschland. „Da wir nur von einer Preisdelle ausgehen, auf die wieder erhöhte Kaufpreise für Wohnimmobilien folgen, kann sich jetzt eine Investition lohnen. Ob sich die Finanzierung einer Immobilie tatsächlich rechnet, hängt in jedem Einzelfall von der Finanzkraft des Käufers oder der Käuferin und der Lage des Objektes ab.“
Preise in den Großstädten fallen stärker als in Landkreisen und mittelgroßen Städten
Den Preisatlas haben Expert*innen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) für die Postbank berechnet. Er zeigt, in welchen Regionen die Preise besonders stark gefallen sind und wie hoch der durchschnittliche Quadratmeterpreis 2023 lag. Ein zentrales Ergebnis: Die sieben größten Städte Deutschlands, die „Big 7“, waren im Durchschnitt stärker betroffen als Mittelstädte und Landkreise. Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sanken im Durchschnitt der Big 7 real um -12,7 Prozent, in den sonstigen Großstädten um -11,4 Prozent, in den Mittelstädten um -10,8 Prozent und über alle Landkreise hinweg um -9,7 Prozent. „Nach mehreren Jahren des besonders kräftigen Anstiegs überhitzten die lokalen Immobilienpreise in den Metropolregionen. In den beliebten Großstädten und ihrem Umland sind die Anpassungen nun besonders stark zu spüren. Trotzdem befinden sich die Preise für Eigentumswohnungen beispielsweise im Großraum München oder Hamburg auch 2023 noch auf einem sehr hohen Niveau, welche fundamental nicht immer gerechtfertigt sind“, sagt Beermann.
Das bedeutet aber nicht, dass nur Großstädte von den Preisanpassungen betroffen sind. Zwischen ländlichen Regionen bestehen selbst innerhalb derselben Bundesländer teils große Unterschiede. Besonders hohe Preisschwankungen gegenüber dem Vorjahr treten dabei häufig in Regionen mit einem nur geringen Immobilienangebot auf. Deshalb hat das HWWI in die „Top 10 der größten Veränderungen“ nur die 354 Regionen mit mindestens 100 Angeboten beziehungsweise mit mindestens einem Angebot je 100.000 Einwohner in 2023 aufgenommen.
Am stärksten fielen laut Preisatlas die Kaufpreise real im Vergleich zum Vorjahr im Landkreis Bayreuth in Bayern (-24,8 Prozent) und im Erzgebirgskreis in Sachsen (-21,4 Prozent). In den Top 10 mit den größten Verlusten sind mit der kreisfreien Stadt Kaufbeuren und den Landkreisen Regensburg, Dingolfing-Landau und Neumarkt in der Oberpfalz noch vier weitere bayerische Regionen enthalten. Allerdings liegen auch zwei der Top-10-Regionen mit dem größten Zuwachs in Bayern. Die größten Preisanstiege gegenüber dem Vorjahr gab es 2023 im hessischen Werra-Meißner-Kreis (40,8 Prozent), in den Landkreisen Birkenfeld (13,5 Prozent) und Kusel (11,9 Prozent) in Rheinland-Pfalz, im Landkreis Oldenburg in Niedersachsen (7,6 Prozent) und in der kreisfreien Stadt Hof in Bayern (6,0 Prozent). In Hof lagen die Preise 2023 bei 2.012 Euro pro Quadratmeter, im ebenfalls bayerischen Kaufbeuren auch nach dem Preisabfall um rund 20 Prozent noch bei 3.175 Euro pro Quadratmeter.
Das Beispiel Hof in Bayern zeigt, dass sich für Kaufinteressierte der Blick in die sogenannten Mittelstädte mit 20.000 bis 100.000 Einwohner*innen lohnen kann. Denn die relativ moderaten Quadratmeterpreise in Hof stiegen auch 2023 noch leicht an. In Bamberg, Aschaffenburg, Amberg und Straubing sanken die Preise zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht, allerdings weniger stark als in den Metropolen. Bamberg verzeichnete nominal sogar einen Aufpreis von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die im selben Bundesland gelegene Metropole München weist selbst nominal einen um -8,5 Prozent geringeren Kaufpreis auf.
München bleibt teuer, Hamburg auf Platz zwei der Metropolen
Unter Berücksichtigung der Inflationsrate fielen die Preise für Eigentumswohnungen im Bestand in München 2023 durchschnittlich sogar um -14,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bayerische Landeshauptstadt weiterhin ein teures Pflaster ist. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr keinen Ort, an dem Kaufinteressierte mehr für den Quadratmeter bezahlen mussten – im Schnitt 8.909 Euro. Zweitteuerste Stadt innerhalb der Big 7 war Hamburg mit durchschnittlich 6.230 Euro vor Frankfurt am Main mit 6.179 Euro pro Quadratmeter.
In Berlin fiel der reale Kaufpreisrückgang mit -7,5 Prozent unter den Big 7 im zweiten Jahr in Folge am geringsten aus, im vergangenen Jahr waren die Preise dort mit -0,1 Prozent sogar fast stabil geblieben – die Ausnahme unter den Big 7. „Berlin als Hauptstadt hat weiterhin einen Nachholeffekt, da das Preisniveau zum Teil noch immer deutlich unter dem in Metropolen wie Frankfurt oder Hamburg liegt. Im vergangenen Jahr kam der Neubau dort fast zum Erliegen, weil die Baukosten und die Zinsen in die Höhe schnellten; gleichzeitig lockt Berlin weiterhin Menschen aus aller Welt an, so dass die Nachfrage nach Wohnraum noch steigt. Deshalb ist die Hauptstadt weniger von Preisanpassungen betroffen als etwa München oder Stuttgart“, so Beermann.
Den höchsten realen Preisrückgang gegenüber dem Vorjahr unter den größten sieben deutschen Städten verzeichnete diesmal Stuttgart mit -16 Prozent. Günstigere Immobilien gab es dort 2023 auch im Umland, vor allem im Rems-Murr-Kreis. Auch in Düsseldorf fielen die Preise stark, und zwar um -14,0 Prozent.
Immobilien in Ferienregionen trotz Preisverlust weiterhin teuer
Auch die hochpreisigen Landkreise an Nord- und Ostsee sowie am Alpenrand waren 2023 von sinkenden Quadratmeterpreisen betroffen: Das reale Minus gegenüber dem Vorjahr lag zwischen -1,5 Prozent im Landkreis Vorpommern-Greifswald und -18,7 Prozent im Landkreis Dithmarschen. Die Preise für Eigentumswohnungen waren in einigen Regionen jedoch vor der Preiskorrektur bereits sehr hoch. Entsprechend sind Eigentumswohnungen im Landkreis Nordfriesland, zu dem die beliebten Inseln Sylt, Föhr und Amrum sowie Ferienorte wie St. Peter Ording gehören, weiterhin sehr kostspielig. Hier schlug der Quadratmeter im Bestand 2023 im Schnitt mit 8.866,61 Euro zu Buche – der zweithöchste Wert gleich hinter München. Allerdings sind auch hier die Preise im Vergleich zum Vorjahr gesunken, und zwar real um -9,4 Prozent. 2022 war in Nordfriesland noch ein Anstieg um 8,3 Prozent zu verzeichnen gewesen. Am wenigsten innerhalb der Top 10 der Landkreise mit den höchsten Quadratmeterpreisen sanken die Preise in Aurich: In dem niedersächsischen Feriengebiet, zu dem die Inseln Juist, Norderney und Baltrum sowie die Badeorte Norddeich und Greetsiel gehören, sanken die Preise für Eigentumswohnungen 2023 real nur um -5,1 Prozent.
Unter den zehn teuersten Landkreisen finden sich neben den Nordsee-Regionen ausschließlich Landkreise aus dem Speckgürtel Münchens und aus den Feriengebieten des Alpenvorlandes wie etwa Miesbach. Auch hier fielen überall die realen Preise im Vergleich zu 2022. Am stärksten sanken die Kaufpreise für Eigentumswohnungen mit jeweils mehr als -16 Prozent in Dachau, Fürstenfeldbruck, Freising und Ebersberg, die allesamt in Bayern liegen.
Vergleichsweise niedrige Kaufpreise gibt es in den meisten Regionen Mitteldeutschlands sowie einzelnen westlichen und östlichen Grenzregionen. Besonders gering fallen sie in vielen ländlichen Gebieten der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen aus. So zahlten Käufer*innen 2023 im Vogtlandkreis in Sachsen im Durchschnitt nur 936,93 Euro pro Quadratmeter. Auch in den Thüringer Landkreisen Altenburger Land und Greiz lagen die Quadratmeterpreise im vergangenen Jahr unter 1.000 Euro – nicht einmal ein Achtel so hoch wie bei den Spitzenreitern.
Unter den Landkreisen mit niedrigen Quadratmeterpreisen sind einige wenige zu finden, die zu den vier Prozent aller Regionen gehören, in denen 2023 die realen Kaufpreise gegenüber dem Vorjahr nicht gefallen sind – zum Beispiel die Landkreise Saalfeld-Rudolfstadt in Thüringen sowie Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt mit aktuellen Quadratmeterpreisen von 1.523,53 Euro beziehungsweise 1.472,10 Euro.
Nachholeffekte in vielen Großstädten jenseits der Big 7 vorbei
In allen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohner*innen sanken die Preise für Eigentumswohnungen auch abseits der größten sieben Metropolen – zumindest inflationsbereinigt. Die größten Verluste mussten Immobilien in Mainz (Rheinland-Pfalz, -16,2 Prozent), Stuttgart (Baden-Württemberg, -16,0 Prozent), Kiel (Schleswig-Holstein, -15,3 Prozent), im Augsburg (Bayern, -15,3 Prozent) und in Dresden (Sachsen, -14,8 Prozent) hinnehmen.
Am geringsten fiel der Kaufpreisverlust in Jena (Thüringen) aus – hier sank der Preis real nur um -4,0 Prozent. Nominal legten die Preise für Eigentumswohnungen in Jena sogar um 1,9 Prozent zu. Die Städte Hagen und Hamm in Nordrhein-Westfalen sowie die Hansestadt Lübeck in Schleswig-Holstein konnten ebenfalls nominal zulegen, verzeichneten aber reale Verluste in Höhe von 4,8 bis 5,7 Prozent. Großstädte ohne reale Kaufpreisverluste konnten die Expert*innen des HWWI 2023 nicht ermitteln. In den Top 10 dieser Orte mit den geringsten Verlusten befinden sich noch Kassel in Hessen (-6,3 Prozent), Leipzig in Sachsen (-6,7 Prozent), Dortmund (-7,9 Prozent) und Oberhausen (-8,9 Prozent) in Nordrhein-Westfalen, Regensburg in Bayern (-8,6 Prozent) sowie Salzgitter in Niedersachsen (-9,4 Prozent).
„Viele Städte, die in den vergangenen Jahren noch hohe Preiszuwächse verzeichneten, gehörten 2023 zu den größten Verlierern“, sagt Beermann. „Orte, die durch ihre Universitäten, Wissenschaftszentren, kulturellen Highlights und charmanten Innenstädte punkten, bleiben attraktiv. Sie locken oft mit erschwinglicheren Preisen als die Big 7.“
Postbank Wohnatlas 2024: Starker Abwärtstrend bei den Immobilienpreisen 2023